Das Jahr verabschiedet sich an diesem Morgen mit einem Überzug aus weißem Glitzer auf den Relikten des vergangenen Herbstes. Ein großer Teil des Gartens liegt im Schatten des Hauses. Zu tief steht die Sonne, um die ganze schimmernde Pracht zum Strahlen zu bringen. Und an den Stellen wo es ihr gelingt den Schatten des Hauses zu überfliegen und auf die kleine gläsernen Kristalle zu treffen, leckt sie nach einiger Zeit alles auf, lässt nur die Farben des Winters zurück, ein wenig grün, etwas rot, die unzähligen Erdtöne der Verwelkung und das Schwarz des Maulwurfshügels.

Ausklang.
Mein Herz wiegt so schwer wie der Stein am Pfirsichbaum. Gestern flog meine Freundin G. für immer fort. Dort hin, wo niemand sie treffen kann, von wo es kein Zurück gibt. Gern hätte ich ihr zum Abschied hinterher geschaut. So wie ich den Wildgänsen hinterherschaue, die ihre Reise über mir im Himmel fortsetzen, ohne dass ich sie zum Halten bewegen kann. Ihr hinterherwinken, ein allerletztes Mal, bis ich sie nur noch als kleinen Punkt wahrnehme, der in der Ferne in den Horizont eintaucht. Stattdessen blicke ich in die Leere meiner eigenen Sprachlosigkeit.
Was mir bleibt? Das Bild, wie G. neugierig und wortsprudelnd durch den Garten spaziert. Mit Vorliebe wenn es was zu Naschen gibt. Die ersten Kirschen vom Baum, die Klaräpfel, die vor allen anderen reif sind, Tomaten vom Strauch oder die Hände in den Rosmarin getaucht. Sie, die Strauch- und Baumpflückerin. Kein Schälen, kein überflüssiges Abwaschen. Einfach lustvoll reinbeißen, den Duft aufsaugen, alte Kindheitserinnerungen füttern, glücklich sein.
Im nächsten Jahr werden die Äpfel vergeblich auf sie warten, so wie ich auch. Ich vermisse sie schon jetzt.
