In der Nacht aufgewacht von ihren Rufen. Es waren mehrere Züge. Wieso dringen diese Laute nur so tief in meine Seele ein? Wieso krieg ich fast immer eine Gänsehaut und unbeschreibliches Fernweh? Ich würde am liebsten nach draußen stürzen, den Kopf im Nacken und mit offenem Mund der schönsten Zahl in der Mathematik hinterher schauen.
Windschattenflieger.
Es ist,als würden sie sich durch ihre trompetenartigen kehligen Laute ständig vergewissern : Sind noch alle an Bord? Sind wir auf der richtigen Strecke? Ihre Fluglinie geht genau über unser Dorf. Die Strecke könnte gar nicht richtiger sein. Vielleicht schreien sie der Frontfrau oder dem Frontmann an der Spitze der Formation auch einfach zu: „Halt durch. Bleib dran. Wir sind alle hinter dir. Wir wissen, dass du es kannst. Wir zählen auf dich. Trotze dem Gegenwind!“
Würd ich deshalb so gerne mit dabei sein – oben im Himmel. Egal, ob als Wildgans oder Kranich.
Ich las von Vögeln, die aus der Formationn ausbrechen müssen, weil sie nicht mehr mithalten können und von mindestens zwei anderen begleitet werden, damit sie nicht allein zurückbleiben. Sie schließen sich, nach einer Ruhepause, dem Genesen des Kranken oder seinem Tod, einem neuen Zug an, der sie wieder mit den anderen vereint. Auch daran denke ich, während ich ins Dunkle schaue und sich ihre Rufe in der Ferne verlieren.
